„Treffpunkt 6:40 Uhr Bahnhof Langental Gleis 3“ heisst es im Programm – dass das falsche Gleis angegeben ist, merken wir zwar rasch, aber auch auf dem richtigen Gleis sind wir die einzigen Rucksackträger und stehen da wie bestellt …weiterlesen
„Treffpunkt 6:40 Uhr Bahnhof Langental Gleis 3“ heisst es im Programm – dass das falsche Gleis angegeben ist, merken wir zwar rasch, aber auch auf dem richtigen Gleis sind wir die einzigen Rucksackträger und stehen da wie bestellt und nicht abgeholt. Trotz Morgenkühle und Dunkelheit scheint sich wettermässig ein Prachtstag anzukündigen und wir beschliessen, die Wanderung nun halt alleine zu unternehmen… Dann aber, kurz vor Einfahrt des Zuges, erscheint doch noch ein Wanderer, der sich dann tatsächlich als Tourenleiter entpuppt. Das Rätsel löst sich im Hauptbahnhof Bern, wo wir auf die restlichen Wanderlustigen treffen. Allerdings sind wir 13 TourenteilnehmerInnen nicht die einzigen, die diesen Wandertag zu geniessen im Sinne haben: das ganze Perron ist gefüllt mit Wanderlustigen und der „Lötschberger“ ist gerammelt voll. Auch im Bus vom Frutigen nach Achseten kann das Zählen der Passagiere mit Stehplatz durch den Chauffeur nicht darüber hinwegtäuschen: der Bus ist hoffnungslos überfüllt. In Achseten verlassen wir die Sardinenbüchse und atmen erst mal tüchtig durch. Wir geniessen die Fahrt mit der Luftseilbahn von Elsigbach nach Elsigenalp. Beim Berghaus Elsigenalp begrüsst uns herrlich warm die Morgensonne. Klar, dass wir uns in die Gartenwirtschaft setzen und uns mit Kaffee Tee Schokolade Gipfeli, Weggli, Nussgipfel ausgiebig stärken, denn jetzt geht‘s los!
Erst mässig ansteigend am nahezu ausgetrockneten Seelein vorbei steigen wir immer höher in die Nordflanke hinein. Zwischendurch eröffnen sich überraschende Ausblicke talauswärts ins Kandertal und auf den Thunersee.
Das ist aber gar nichts im Vergleich zum Crescendo mit Paukenschlag, das uns auf Stand (2320 m) erwartet. Mit einem Mal steht uns jetzt die ganze Kette von Doldenhorn, Fründenhorn, Blüemlisalp gegenüber, in der Tiefe glänzt geheimnisvoll und spiegelglatt der Oeschinensee. Weit links in der Ferne sehen wir sogar den Eigergipfel.
Nachdem dieses grossartige Panorama gebührend auf uns eingewirkt hat, setzen wir unse- ren Aufstieg Richtung First fort. Wir verlassen die grüne Vegetation und bewegen uns jetzt in Fels und Stein. Zwischendurch meistern wir einige mit Drahtseil gesicherte Passagen und nach einem kurzen Aufstieg über den Grat erreichen wir unser Tagesziel, den First (2548 m).
Wiederum eröffnet sich eine prächtige Aussicht, erweitert um Balmhorn, Altels, Rinderhorn, Gemmi, Daubenhorn, Daubensee. Tief unter uns liegt Kandersteg. Wir sehen, wie im Bahnhof die Autozüge durch den Lötschberg geschäftig ein- und ausfahren – klein wie Modelleisenbahnen.
Die nun folgenden 800 m steiler Abstieg auf Untere Allme haben es in sich! Bei einem Zwischenhalt bei der Steintal-Alphütte überholt uns eine andere SAC-Wandergruppe, die wir am Morgen im Bahnhof Bern mit gleichem Ziel angetroffen hatten. Bei Obere Allme verkleinert sich unsere Wandergruppe: zwei Wandererinnen möchten den Schlussabstieg nach Kandersteg zu Fuss (und nicht wie die übrigen mit Unterstützung der kleinen Seilbahn) in Angriff nehmen. Auf Untere Allme trennt sich die Wandergruppe weiter auf: einige möchten diesen Wandertag bei herrlichem Sommerwetter auf der noch voll besonnten Terrasse des Bergrestaurants auskosten und ausklingen lassen, die übrigen samt Wanderleiter fahren mit der Seilbahn zu Tal und zurück in die heimischen Gefilde. Lange hallt auf der Restaurantterrasse frohes Lachen über lustige Geschichten aller Art, bis die Abendsonne zur Rückkehr mahnt.
Nach kurzem Schweben mit der Luftseilbahn über atemberaubende Abgründe vorbei am bekannten Klettersteig erreichen auch wir Kandersteg und nach kurzem Fussmarsch den Bahnhof, wo – wie schon am Morgen, aber in umgekehrter Richtung – Legionen von Wanderern auf den Zug warten, der von Brig her kommend schon nahezu vollständig gefüllt ist. Mit Glück (und etwas Trick) ergattern wir die letzten Sitzplätze. In Bern heisst es wieder Abschied nehmen; die Teilnehmenden entschwinden in alle Richtungen und wir beide nach Langenthal, wo wir vor gut 12 Stunden gestartet waren – jetzt reich an Erlebnissen und Erinnerungen an diesen nicht nur wettermässig einzigartig schönen Wandertag!
Text: Herbert Bühler
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